Euro-KriseGriechen raus, Türken rein?
Es wäre die Radikal-Lösung: Ein maroder Staat verlässt die Eurozone und wird durch ein rasant wachsendes Land ersetzt. Viele ökonomische Gründe sprechen für diesen Partnertausch – doch wie realistisch ist er?
Diese Woche geht es für Griechenland um alles oder nichts. Wieder einmal. Wenn der So-gut-wie-pleite-Staat nicht genug spart, bekommt er kein frisches Geld – und ist spätestens Anfang Oktober definitiv insolvent. Das letzte Wort hat eine Art Finanz-TÜV, die so genannte „Troika": Die Kassenprüfer der Europäischen Zentralbank, des Internationalen Währungsfonds und der EU-Kommission durchforsten in den nächsten Tagen die aktuellen Haushaltszahlen Griechenlands. Nur wenn die Troikaner zustimmen, fließt die nächste Kreditrate (acht Milliarden Euro).
Diese Woche ist aber auch für die Türkei extrem wichtig. Staatspräsident Abdullah Gül besucht Deutschland. Eines der heikelsten Gesprächsthemen: Der mögliche Beitritt der Türkei zur Europäische Union. Seit vielen Jahrzehnten ersehnt. Seit 2005 offiziell verhandelt. Und seit heute womöglich so wichtig wie nie zuvor.
Wer so denkt, kennt die Türkei nicht richtig. Zumindest nicht die kommende Wirtschaftsmacht am Bosporus. Rein ökonomisch betrachtet lässt sich die Frage einer Euro-Mitgliedschaft der Türkei nur mit einer Gegenfrage beantworten: Ja wer denn sonst? Etwa Bulgarien und Rumänien?
Denn inzwischen braucht das alternde, schrumpfende Europa die Türkei dringender als umgekehrt. Die ökonomischen und demographischen Kennzahlen sind eindeutig: Die türkische Wirtschaft wuchs im zweiten Quartal 2011 um China-ähnliche 8,8 Prozent (in den ersten drei Monaten sogar um 11,6 Prozent), 70 Prozent der Türken leben mittlerweile in Städten und nicht mehr auf dem Land, die am stärksten boomenden Regionen erstrecken sich halbmondförmig über die Küstenstreifen Istanbuls, Bodrums und Antalyas, die bei weitem größte Altersgruppe ist die der 20- bis 25jährigen, viele dieser ebenso ehrgeizigen wie selbstbewussten jungen Menschen können sich ihre Zukunftsjobs fast schon rund um den Globus aussuchen.
So weit die rein ökonomische Sicht. Aber: War da nicht noch etwas mit „historischer Tradition", „Demokratie", „Menschenrechten" und „geostrategischen Risiken"? Und ob. All diese Argumente wiegen heute noch genauso schwer wie vor zehn oder zwanzig Jahren:
Diese Woche ist aber auch für die Türkei extrem wichtig. Staatspräsident Abdullah Gül besucht Deutschland. Eines der heikelsten Gesprächsthemen: Der mögliche Beitritt der Türkei zur Europäische Union. Seit vielen Jahrzehnten ersehnt. Seit 2005 offiziell verhandelt. Und seit heute womöglich so wichtig wie nie zuvor.
Zufällige Parallele oder wüste Provokation?
Für die meisten mag der Gedanke ein Schock sein: Die Türkei als Mitglied der Europäischen Union, ein muslimischer Staat im christlichen Kern-Europa, eine Bauernrepublik im Euro – dem größten Wirtschaftsraum der Welt?Wer so denkt, kennt die Türkei nicht richtig. Zumindest nicht die kommende Wirtschaftsmacht am Bosporus. Rein ökonomisch betrachtet lässt sich die Frage einer Euro-Mitgliedschaft der Türkei nur mit einer Gegenfrage beantworten: Ja wer denn sonst? Etwa Bulgarien und Rumänien?
Denn inzwischen braucht das alternde, schrumpfende Europa die Türkei dringender als umgekehrt. Die ökonomischen und demographischen Kennzahlen sind eindeutig: Die türkische Wirtschaft wuchs im zweiten Quartal 2011 um China-ähnliche 8,8 Prozent (in den ersten drei Monaten sogar um 11,6 Prozent), 70 Prozent der Türken leben mittlerweile in Städten und nicht mehr auf dem Land, die am stärksten boomenden Regionen erstrecken sich halbmondförmig über die Küstenstreifen Istanbuls, Bodrums und Antalyas, die bei weitem größte Altersgruppe ist die der 20- bis 25jährigen, viele dieser ebenso ehrgeizigen wie selbstbewussten jungen Menschen können sich ihre Zukunftsjobs fast schon rund um den Globus aussuchen.
„Das China vor unserer Haustür"
Kein Wunder, dass westliche Wirtschaftsexperten die Türkei längst als „das China vor unserer Haustür" bewundern. Und sich umgekehrt türkische Ökonomen um den Zustand der EU sorgen. So wie erst vergangene Woche Ali Babacan, stellvertretender Premierminister und „Wirtschafts-Zar" der Türkei: „Die wirtschaftliche Krise Europas wird immer gravierender; wir beobachten mit großer Sorge die Unfähigkeit der Union, wichtige Zukunftsentscheidungen zu treffen."So weit die rein ökonomische Sicht. Aber: War da nicht noch etwas mit „historischer Tradition", „Demokratie", „Menschenrechten" und „geostrategischen Risiken"? Und ob. All diese Argumente wiegen heute noch genauso schwer wie vor zehn oder zwanzig Jahren:
- Die Türkei ist nun einmal kein Teil Kerneuropas – und wird es auch nie sein. Weder geographisch noch religiös-kulturell.
- In den gravierenden Punkten Demokratieverständnis, Toleranz, Grundrechte und Justiz erreicht das Land am Bosporus noch lange nicht den europäischen Standard.
- Mit der Türkei wäre die Europäische Union plötzlich Nachbar einiger der konfliktreichsten Regionen der Welt – um nur einmal Irak, Iran und Syrien zu nennen.
Geiseln der Griechen – oder Partner der Türken?
Die Antwort wäre heute – noch – ein klares „Nein". Aber angesichts der weltwirtschaftlichen Herausforderungen sollten wir Europäer frisch und neu denken: In welcher Form können wir es der Türkei ermöglichen, ein extrem enger Partner Europas zu werden? Und warum soll nicht ein Europa der zwei, drei Geschwindigkeiten möglich sein: mit einem stabilen Kern und starken Partnerländern – aber auch mit zeitweise suspendierten Problemstaaten?__._,_.___
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